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Rot - Blau .

DYNAMISCHER ASPEKT

Im Rot und im Blau haben wir die grössten Gegensätze, was die Dynamik der Farbenwelt betrifft.

Die Praxis zeigt im Rot eine aktive und zentrifugale Bewegungstendenz. Eine rote Fläche kann im

Grunde genommen nicht ruhend erlebt werden, sondern in ihren Umkreis strahlt sie den Abglanz

der im Rot innewohnenden Bewegungskomponente aus , vor ihm den Schweif des Orange , dann

denjenigen des warmen Gelb bis hin zum kühlen Gelb.

Im Gegensatz dazu  das Blau , eher passiv , in der Bewegungstendenz zentripetal, sich in sich 

selbst zurückziehend, sich bildend aus dem Rückzug des Rotvioletten zum Blauvioletten bis hin zum

Glanz des Preussischblau.

Malen wir jede Farbe für sich, so müssten sich die in der Farbe erlebten Bewegungseigenschaften

in die jeweilige Form hinein individualisieren.

DER LICHT- FINSTERNIS - ASPEKT: GELB - BLAU.

Versuchen wir uns hingegen der Farbenwelt , hier exemplarisch vom Aspekt der Aufhellung und der

Abdunkelung zu nähern, so haben wir die grössten Gegensätze im Gelb und im Blau. Das Gelb als erster Repräsentant , wenn wir das absolute Licht durch das Abdunkeln in den Horizont der sinnlichen

Wahrnehmung hineinführen. Auf der Gegenseite , indem wir die Finsternis aufhellen , eröffnet sich

im Blau das erste lichthafte Farberlebnis , welches sich aus der Dunkelheit heraus gebildet hat.

Farben als Taten und Leiden des Lichtes, wie Goethe sich in seiner Farbenlehre so treffend ausdrückt.

UNIVERSALIESIERUNG UND INDIVIDUALISIERUNG : GESTALTBILDUNG UND GESTALTAUFLÖSUNG.

Dynamik und Empfindungsqualität , Form und Farbe haben ihren gleichen Ursprung. So begegnen sich 

Rot und Blau im freien Spiel , wenn wir uns ihrer Dynamik hingeben. Das Rot aus seiner Formgestalt heraus die Aktion auslösend, das Blau aus seiner Empfindunsqualtät heraus erlebend, eher passiv, 

empfangend. In den Zwischenräumen öffnen sich die Intervalle des Orange , des Gelb, der Mischfarbe Grün, bis hin zum formlosen farblichen Ganzen der Stimmung. In diesem Prozess erlebt sich der Beteiligte als ein Sich - Zurückziehender in die Totalität der Farbenwelt.

Das Mass und die Begrenzung unserer Leinwand lassen das erlebte Farbenfluten sichtbar werden. Wir 

verlieren uns im Gesamtkanon der Farbenwelt , und finden uns wieder in der strukturbildenden Aktivität, indem wir die farblichen Zusammenhänge im Bildganzen organisieren.

                                     STRUKTUR - KOMPOSITION - ORDNENDES BEWUSSTSEIN

In diesem Prozess entsteht etwas ganz Entscheidendes im Bildaufbau. Indem wir uns bemühen, den Farbraum fantasievoll zu gestalten, nach dem Aspekt des farblichen Hell - Dunkel, bildet sich die erste

zarte Empfindung der räumlichen Farbperspektive, das Hinten und das Vorn, jedoch nicht hervorge-

rufen durch die Zentralperspektive .

Die Fortsetzung im Aufbau der Bildgestalt erfährt hier erst ihre zukünftige Bestimmung . Es ist der Schritt

von der Abstraktion in das Motivische, in das eigentliche Bild.  In diesem Prozess eröffnet sich erst das 

Bedeutungsvolle des gesamten Vorganges. Die formgebundenen , farblichen Zusammenhänge in der 

momentanen Bildgestalt erwarten eine Fortsetzung. Sowohl das Farbliche wie auch das Strukturelle eröffnen sich hier als inspirative Bezugsquelle. Die jeweilige Form in der Befreiung von ihrer Erstarrung

sowie auch die Farbe durch das aktive Empfinden  des Wesenhaften eines bestimmten Seins - Bereiches.

Diese Seins - Bereiche zeigen sich dem Maler als ein Physisches,  Lebendiges , ein Seelisches sowie 

ein  Ichfaft - Menschliches. Diese Bereiche erhalten in den Klängen Schwarz, Grün, Pfirsichblüte und

Weiss ihren wesensgemässen Ausdruck. In der Geisteswissenschaft Rudolf Steiners (1861 - 1925 )

spricht man in diesem Zusammenhang von " Bildfarben ". Diese Farben verbergen gewissermassen

hinter ihrer Oberfläche noch das Wesenhafte ihrer Bedeutung.

Im Gegensatz dazu, der in der Seele unmittelbar erlebte Glanz. Wir denken hier beispielhaft an die

Farben Rot , Gelb, Blau mit ihren vielfältigen Abstufungen als Repräsentanten der sogenannten Glanz-

farben.

In diesem Sinne ergänzen sich die einzelnen farblichen Bezüge zur Gesamtheit des Bildes.

                            FARBE    -     FORM    -    KOMPOSITION   -   INHALT   -   BILD

DIE BEDEUTUNG DES DARGESTELLTEN.

Die Quintessenz des Bildaufbaus zeigt sich somit im vollendeten Motiv. Das Motiv wird zur

Geschichte, zur unausprechlichen Aussage, zum Bildhaften schlechthin. Als Imagination im Sinne 

eines Bewusstseinszustandes ist es die Frucht der Anstrengung.

Hat sich der Beteiligte durch Ausdauer und Mühe bis dahin heraufgearbeitet, bleibt ihm dieses

Erleben als ständiger Schatz in der Seele bewahrt. Er ist von nun an in der Lage, all das zu ver-

gessen, was ihn an diesen Punkt gebracht hat. Die Einsicht in die offenen Geheimnisse des 

Bildaufbaus wird ihn in seinem weiteren Schaffen begleiten. Die Gewissheit der Geist - Verwobenheit

von Mensch und Welt, in voller Bewusstseinsklarheit ihrer Zusammenhänge , schafft die Grundlage

für eine in die Zukunft weisende künstlerische Schaffensweise.

Peter Dotto.                                                                                                             Im Oktober 2019

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